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04.02.12

Interviewreihe 2012 - Teil 5

Die Interviewreihe 2012 soll sowohl ein geschichtlicher als auch ein geographischer Schwenk von West nach Ost sein. Mit Interviewpartnern der ersten Generation, über Nachwuchstalente und Nationalteam-Spieler, erfahrenen Coaches, teilweise sogar aus dem professionellen Baseball, bis hin zu Wieder-Aufgestiegenen, ist diese Reihe mit Persönlichkeiten bestückt, die aus Baseball-Austria nicht mehr wegzudenken sind.

Wohl kaum ein anderer Coach hat so viele Meistertiteln gesammelt wie. Er beobachtet den Österreichischen Baseball wie ein Adler, weshalb uns auch die Meinung von Tim Patrick wichtig war:

 
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ABF: Die Vienna Metrostars stiegen 2011 wie der Phönix aus der Asche. 2010 verpasste man die Playoffs und beendete die Saison auf Platz 5. Auch wenn viele in Baseball-Österreicher nur darauf warteten, dass die junge Truppe um Tim Patrick den Durchbruch schafft, überraschten die Metrostars sowohl den Stadtrivalen, die Vienna Wanderers, als auch den Meister aus 2010, die Attnang Athletics am falschen Fuß und feierte heuer den 13. Meistertitel der Vereinsgeschichte. Tim, hast du zu Saisonbeginn an diese Cinderella-Story geglaubt?

  • Tim Patrick: Am Anfang der Saison wussten wir, dass wir einige neue Spieler zu unserem bereits Roster hinzufügen würden, der ohnehin schon sehr solide war. Drei Jahre hintereinander haben wir die Playoffs um je ein oder zwei Spiele verpasst, also waren die Playoffs sicherlich erreichbar. Das Pitching war mit weniger als drei Walks pro Spiel überraschend und das ohne Import-Pitcher. Die Defense musste gut spielen, und das tat sie mit nur 43 Errors über die gesamte Saison auch, da wir nur knapp drei Strikeouts pro Partie warfen.


  • Als wir gegen Ende der Saison gute At Bats gegen Wayne Ough hatten, wurde mir bewusst, dass wir alle besiegen können. Die Art und Weise wie wir schlussendlich gewonnen haben war unerwartet, da die Defense etwas fehleranfälliger war (mit kicked the ball meint er nicht das pitching) und wir wesentlich mehr Leute gewalkt haben als unter der Saison. Wir mussten gegen einige ziemlich Pitcher bestehen bis wir den Titel gewannen und auch der Einfluss von Jeff Tezak kann nicht genug betont werden.


  • Die Vienna Homerunners sind sicherlich der größte Verein Österreichs. Von der Nachwuchsarbeit, über Fastpitch bis hin zum „Senioren-Team“ ist alles abgedeckt. Die langfristiges Nachwuchsprogramm legte ohne Frage den Grundstein des letzten Meistertitels. Die Vienna Lions (Nachwuchsmannschaften des Homerunners-Vereins, Anm.) sammeln Jahr für Jahr Meistertiteln in allen Nachwuchskategorien. Auch andere Vereine leisten Nachwuchsarbeit, was macht euch so erfolgreich?

  • Es gibt eine Little-League in der Freudenau und wir beteiligen uns daran aktiv, Spieler wie auch Coaches. Wenn ein Kind aus dieser Liga einem Verein beitreten will, dann ist es eben sehr wahrscheinlich dass es sich für die Homerunners entscheidet. Außerdem hatten wir immer wieder Erfolge mit Schulprogrammen. Schulprogramme sind nichts neues, aber wenn diese regelmäßig spielen, macht das einen großen Unterschied.


  • Gerhard Letouze, Walter Herzog und einige Spieler haben mit Schulen und der Little-League zusammengearbeitet. Nicht zu vergessen, dass Walter hier die treibende Kraft hinter unserem Nachwuchsprogramm ist - er ist der wertvollste Coach in der Geschichte des Österreichischen Baseballsports. Sowohl am Feld als auch im Hintergrund.




  • Foto: Joe Yun;

    Der Kalifornier Tim Patrick ist 43 Jahre alt, verheiratet und Vater eines Sohns. Er spielt und coacht seit 1994 in Österreich und war zwischen 1989 und 1991 in der Single A professionell als Pitcher tätig. Zusammen mit Pedro Martinez wurde er als Best-Pitcher beim Extended-Springtraining ausgezeichnet. In seinem Heimat-College in Sacramento City hält er den Single-Game Rekord für Balks mit gleich vier. Neben seiner Tätigkeiten bei den Vienna Homerunners, mit denen er gleich sieben Meistertitel erringen konnte, war er erst als Assistent- und später auch als Headcoach des Österreichischen Nationalteams im Einsatz, ehe er 2011 seinen Rücktritt bekannt gab.


    Wie wurden die Homerunners zu deinem „neuen“ Baseball-Zuhause? Erzähl unseren Lesern, wie es dich nach Österreich verschlagen hat!

  • Ich war 1994 bei den Homerunners tätig und wechselte im Jahr darauf zu den Bulldogs. Das war eine Entscheidung zu Gunsten einer höheren Lebensqualität und ich half den Homerunners auch weiterhin Coaches für die nächsten Saisonen zu finden. Die Bulldogs hatten zwar Talente in der ersten Mannschaft, aber eine Lücke in der Nachwuchsarbeit und kein richtiges eigenes Feld. Das exakte Gegenteil hat irgendwie auf die Lions (damals Kampfmannschaft der Homerunners, Anm.) zugetroffen.


  • Außerdem hatten die Bulldogs damals zwei der einflussreichsten Funktionäre,Herr Schermann und Herr Scholik, denen ich mich verpflichtet fühle, genau so, wie jeder, der jemals die Ehre hatte für die beiden zu spielen. Aus „logistischen“ Gründen vereinten wir (Bulldogs-Homerunners, Anm.) uns, und auch wenn nicht immer alles reibungslos ablief, so glaube ich doch, dass es für Baseball in Österreich gut war.


  • Ich bin nach Österreich gekommen, weil es im Laufe der Zeit einige Zeichen gegeben hatte, die mich hier her führten: Das erste Auto das ich mir kaufte hatte ein Pickerl mit einem großen A, für Österreich, am Heck; Ich habe im College mit einer Tony Fritsch Football-Card in meiner Kappe gepitcht, da ich das Bild komisch fand; meine damalige Freundin war Halb-Österreicherin und schlussendlich luden meine republikanischen Großeltern einst Heide Schmidt zum Abendessen ein, aber das ist eine lange Geschichte.


  • Außerdem war der Headcoach der San Francisco State-University, wo ich als Pitching-Coach tätig war, der erste Import-Nationalteamcoach in Österreich. Als er mich fragte ob ich interessiert wäre in Europa zu coachen, war ich nicht überrascht, dass das Reiseziel Österreich sein würde. Es war irgendwie in den Sternen geschrieben.



  • Retrospektiv gesehen: Was hat sich zwischen deinem ersten Spiel in Österreich und dem letzten Pitch im ABL-Finale diesen Jahres in Baseball-Austria geändert?

  • Zu meinem ersten Spiel ritten wir auf Dinosauriern und verwendeten Mammut-Stoßzähne als Schläger. Beim letzten Spiel 2012 wurde ich dafür gerügt meinen Spielertausch nicht über das Telefon, dass das Dugout mit dem Scorer verband, zu übermitteln. Nach dem Spiel kauften wir ein Attnang-Leiberl für meinen Sohn Louis im Fanshop.



  • Tim Patrick mit Sohn Louis - Foto: Joe Yun;


    Viele Jahre hast du das Österreichische Nationalteam als Coach unterstützt. Nach dem EM-Qualifier in Antwerpen hast du deinen Rückzug aus dem Nationalteam bekannt gegeben. Was waren deine Gründe für den Rücktritt?

  • Das Nationalteam-Programm gehört generalüberholt und als amtierender Head-Coach empfand ich den Rücktritt als die einzig angemessene Option.


  • Du bist nach deinem Homerun im Vorjahr der älteste Spieler, der je in der ABL einen Homerun geschlagen hat. Auch als Pitcher hast du sicherlich noch den ein oder anderen Pitch im Ärmel. Wird deine aktive Karriere weitergehen?

  • Ich hatte erwartet in den Playoffs oder zumindest im Finale zu pitchen, und am letzten Tag hätte ich das auch getan wenn sich mein Arm besser angefühlt hätte. Unter der Saison ist es für mich praktisch nicht möglich zu pitchen, da wir viele Pitcher haben die wöchentlich an sich arbeiten um auch ihre Innings zu bekommen. Ich bin ganz unten in der Liste.


  • Ich wünsche mir, dass mein Sohn mich noch spielen sieht, also bin ich, glaube ich, ganz offen für diese Möglichkeit. Vielleicht gibt es ja ein Patrick-Baum-Matchup in Bulgarien, wenn ich denn gebraucht werde.


  • Du hast selbst professionellen Baseball in den Vereinigten Staaten gespielt. Kaum einer kennt Baseball in Österreich so gut wie du. Seit 18 Jahren bist du nun hier aktiv und beobachtest neben österreichischen Spielern auch andere europäische Baseballnationen. Was machen „die anderen“ besser, oder anders gefragt: Was fehlt Österreich um an die europäische Spitze anzuschließen?

  • Im Moment sieht es so aus, dass ein einfaches “Ja” als Antwort auf ein E-Mail reicht, um ins Österreichische Nationalteam zu kommen. Manche Spieler trainieren nicht einmal und mit einer vergleichsweise niedrigen Pitching-Geschwindigkeit in der höchsten Liga müssen sie das auch nicht wirklich.


  • Wir haben große Probleme uns während des Spiels auf neue Pitcher einzustellen und unsere Schwünge sind, insgesamt gesehen, zu wenig direkt und zu kompliziert, das macht uns so verwundbar gegen schnelleres Pitching. Diese Probleme, aber auch andere, können nur bearbeitet und verbessert werden, wenn man regelmäßig trainiert und zwar mit einem Ziel.


  • Größere Kader würden auf Grund des größeren Konkurrenzkampfs um Innings und At-Bats helfen, da dies das Fundament für Weiterentwicklung darstellt. Aus meiner Erfahrung heraus werden Österreichische Spieler zu selbstgefällig oder auch faul, wenn ihre Stammposition außer Frage steht. Das ist wohl die Natur des Menschen.


  • Du willst nichts zu Strukturänderungen der beiden Bundesligen in Österreich sagen?

  • Nein, aber ich werde diesen Platz nütze um zu fragen, ob diese Interviewreihe anhand des Gewichts der Interviewpartner in zunehmender Reihenfolge oder doch einer theoretischen Schlagreihenfolge entspricht.


  • Wäre es nach dem Gewicht gegangen, wäre das Interview mit Tim Patrick zu einem anderen Zeitpunkt gemacht worden. Es kann gut sein, dass die Reihenfolge eine theoretische Line-Up ist, vielleicht ja für ein Legendenteam in 20 Jahren.

    Ein kurzer Word-Rap zum Abschluss:

    Giants oder Athletics: Giants (jetzt wo Bonds weg ist)
    Slowpitch: Riesige Leg kicks fehlen noch in Österreich, die sollten verpflichtend sein
    No-Hitter oder Cycle: Cycle
    In 10 Jahren bin ich: 53
    Dodgers oder Angels: Weder noch
    2012 wird: die Hälfte der Weltbevölkerung zu nationalen Wahlen gehen
    Meine größte Fehlentscheidung: Ich habe einst 100 Phil Plantier Rookie-Sammelkarten gekauft. Das tut sogar noch weh, wenn ich es schreibe!
    Lieblings-Count: Monte Christo (nicht nur ein Graf, auch ein Tribut an die Küche der Vereinigten Staaten- Ein Monte Christo ist ein French-Toast, der mit Schinken und Käse gefüllt ist. Puderzucker nicht vergessen)
    Ost-West: Ich lehne es ab dies zu beantworten. Increase the Peace! R.I.P. Biggie, R.I.P. Tupac
    Lieblingsbase: Second



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    Baseball League Austria
    Ost G W L Pct
    Metrostars
    26 21 5 .808
    Cubs
    26 17 9 .654
    Wanderers
    26 15 11 .577
    Ducks
    26 11 15 .423
    Grasshoppers
    26 8 18 .308
    West G W L Pct
    Athletics
    26 22 4 .846
    Indians
    26 15 11 .577
    Bulls
    26 12 14 .462
    Cardinals
    26 5 21 .192
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